Dreiländergiro Nauders 2008
Vorspann
Nach dem Kaunertaler Gletscherkaiser
und
den Touren danach fahren Reni & Cosmas zur Abwechslung mit dem Postbus die rund 45 km nach
Nauders – die Räder liegen unten im Kofferraum, was uns bei jeder der vielen engen Kurven
zittern lässt. Wir lassen den Großteil unsres Gepäcks in der Pension in Landeck und nehmen nur
das Nötigste in 2 Umhängetaschen mit.
In Nauders treffen wir Alfred, Alex, Andreas, Roland und Stan, die für uns netterweise ein Zimmer für die eine Übernachtung in ihrer Pension räumen. Nach dem Abendessen, bei dem beginnender Regen nichts Gutes für morgen ahnen lässt, verziehen wir uns rasch und bereiten unseren Power-Brei aus Haferflocken und Baby-Grießbrei für morgen vor – keine Speise, die feine Gourmetgaumen vollends befriedigen kann, aber das Pensionsfrühstück aus Weißbrötchen überlassen wir lieber den andern...
Die Pension ähnelt insgesamt eher einer mehrstöckigen Fahrradgarage als einer Unterkunft für Menschen: auf jeder Etage stehen Räder in den Fluren und auf dem Balkon, an denen eifrig herumgeschraubt wird. Mein Cervélo darf ganz wie zuhause im Schlafzimmer übernachten.
In Nauders treffen wir Alfred, Alex, Andreas, Roland und Stan, die für uns netterweise ein Zimmer für die eine Übernachtung in ihrer Pension räumen. Nach dem Abendessen, bei dem beginnender Regen nichts Gutes für morgen ahnen lässt, verziehen wir uns rasch und bereiten unseren Power-Brei aus Haferflocken und Baby-Grießbrei für morgen vor – keine Speise, die feine Gourmetgaumen vollends befriedigen kann, aber das Pensionsfrühstück aus Weißbrötchen überlassen wir lieber den andern...
Die Pension ähnelt insgesamt eher einer mehrstöckigen Fahrradgarage als einer Unterkunft für Menschen: auf jeder Etage stehen Räder in den Fluren und auf dem Balkon, an denen eifrig herumgeschraubt wird. Mein Cervélo darf ganz wie zuhause im Schlafzimmer übernachten.
Das Rennen
Es
ist 4:45 Uhr, der Wecker klingelt. Draußen wird es gerade hell, aber in dem
heißen Zimmer fühlt es sich an, als wären wir gerade vor 2 Stunden schlafen gegangen. Die
nächsten 1 1/2 Stunden schlafwandeln wir durch ein zähes Frühstück aus aufgequollenem,
bretthartem Hafer/Grießbrei – Reni: Ich kann nicht mehr!
Cosmas: denk' ans Stilfser Joch!
–, stopfen uns die Taschen mit Riegeln und Gels voll etc. pp. und stehen
dann doch erst um 10 nach 6 am Start. Bis zuletzt war die Klamottenfrage ungeklärt, mehrere
prüfende Balkonbesuche haben dann doch zu der Entscheidung "kurze Hosen + Trikot + Armlinge" und
gegen langes Zeug geführt. Die Windjacke wird mitgenommen, aber noch vor dem Losfahren ausgezogen
– wie sich erweist, ist sie dann selbst auf 2757 m Höhe nicht mehr nötig.
Vor mir drängen sich geschätzte 600-800 Radler, die schneller waren, zumindest beim Aufstehen und Aufstellen; Reni ist noch um einiges weiter hinten. Ganz vorne stehen nicht etwa die schnellsten Fahrer – es gibt keine Qualifikation für den 1. Startblock –, sondern die, die sich als erste angemeldet haben. Und 20 vom Veranstalter höchstpersönlich ausgewählte "Promis", die wohl mit Segen von oben den Sieg unter sich ausmachen sollen, darunter natürlich Andi Traxl, der seit diesem Jahr von der Stadt Nauders selbst gesponsert wird. Soll ich versuchen, mich wie manche auch noch da reinzudrängeln? Aber wenn es nicht klappt, habe ich selbst meinen Platz in der Mitte hier verbaselt. Also fahre ich das Rennen dieses Mal wohl oder übel von hinten.
Vor mir drängen sich geschätzte 600-800 Radler, die schneller waren, zumindest beim Aufstehen und Aufstellen; Reni ist noch um einiges weiter hinten. Ganz vorne stehen nicht etwa die schnellsten Fahrer – es gibt keine Qualifikation für den 1. Startblock –, sondern die, die sich als erste angemeldet haben. Und 20 vom Veranstalter höchstpersönlich ausgewählte "Promis", die wohl mit Segen von oben den Sieg unter sich ausmachen sollen, darunter natürlich Andi Traxl, der seit diesem Jahr von der Stadt Nauders selbst gesponsert wird. Soll ich versuchen, mich wie manche auch noch da reinzudrängeln? Aber wenn es nicht klappt, habe ich selbst meinen Platz in der Mitte hier verbaselt. Also fahre ich das Rennen dieses Mal wohl oder übel von hinten.
Startschuss
Nach diversen unverständlichen Ansprachen des Sprechers und dem Segen des Dorfpfarrers (!)
– allerdings nur für die Ungedopten! – knallt mit 4 Minuten Verspätung 6:34 Uhr der Startschuss.
Es passiert — nichts.
Jedenfalls da, wo ich stehe. Vorne sieht man die ersten auf die Reschenstraße einbiegen und Gas geben. Endlich, nach einigen Minuten, setzen sich die Räder vor mir langsam in Bewegung, es wird sich mit den Füßen abgestoßen. So gelange auch ich um 6:38 endlich über die Startlinie und kann anfangen radzufahren.
Zu meiner Verwunderung fährt kaum jemand flott, die rechte Spur zuckelt recht gemächlich dem Pass entgegen, der hier nur noch 150 schwach ansteigende Höhenmeter entfernt liegt. Das macht es leicht, links zügig nach vorne zu fahren. Doch die Spitze ist 4 Minuten nach dem Start schon unerreichbar weit entfernt, so weit das Auge auf der breiten, geraden Passstraße blickt, mindestens 2 km, sieht man Radfahrer. Leider funktioniert mein Pulsmesser mal wieder nicht – kalte Temperaturen kombiniert mit starkem Fahrtwind mag er nicht, ich schwitze wohl zu wenig –, jedenfalls fahre ich konstant mit 35-40 km/h nach vorne, zuerst allein, nach einigen Kilometern schließen sich einige Fahrer an, die wohl auch etwas zeitiger zum Stilfser Joch gelangen wollen.
Jedenfalls da, wo ich stehe. Vorne sieht man die ersten auf die Reschenstraße einbiegen und Gas geben. Endlich, nach einigen Minuten, setzen sich die Räder vor mir langsam in Bewegung, es wird sich mit den Füßen abgestoßen. So gelange auch ich um 6:38 endlich über die Startlinie und kann anfangen radzufahren.
Zu meiner Verwunderung fährt kaum jemand flott, die rechte Spur zuckelt recht gemächlich dem Pass entgegen, der hier nur noch 150 schwach ansteigende Höhenmeter entfernt liegt. Das macht es leicht, links zügig nach vorne zu fahren. Doch die Spitze ist 4 Minuten nach dem Start schon unerreichbar weit entfernt, so weit das Auge auf der breiten, geraden Passstraße blickt, mindestens 2 km, sieht man Radfahrer. Leider funktioniert mein Pulsmesser mal wieder nicht – kalte Temperaturen kombiniert mit starkem Fahrtwind mag er nicht, ich schwitze wohl zu wenig –, jedenfalls fahre ich konstant mit 35-40 km/h nach vorne, zuerst allein, nach einigen Kilometern schließen sich einige Fahrer an, die wohl auch etwas zeitiger zum Stilfser Joch gelangen wollen.
Am Reschensee
auf der Passhöhe findet sich endlich eine richtige Gruppe, die zusammen links an
dem Konvoi vorbei nach vorne zieht. Sehr gut funktioniert sie leider nicht, immer wieder fallen
welche weg, die sich wohl nur kurzfristig überlastet haben, das Tempo aber nicht halten können.
Vor allem ein Fahrer in rot-schwarzem Trikot macht mit mir zusammen die Arbeit. Als sich eine
größere Lücke in dem Konvoi auf der rechten Seite auftut, schließen wir beide die Lücke mit
Maximaleinsatz im Wind, ich bin erstmals im Rennen am Limit, aber es gelingt. Sind wir jetzt an
der Spitzengruppe dran?
Es beginnt die langgezogene Abfahrt nach Burgeis und dann Mals, und ich sehe, wie weit der Bandwurm sich noch nach vorne erstreckt, obwohl ich schätzungsweise 500 Positionen bereits gutgemacht habe. Da ist noch mindestens eine weitere Gruppe vorne, und bergab zieht sich das Ganze immer weiter auseinander. Statt Serpentinen gibt es hier langgezogene breite Kurven, die man leicht mit 70-80 km/h fahren kann – könnte, was mich angeht, denn mitten in der Radlerflut, so locker sie hier ist, bremse ich wie immer viel zu vorsichtig und wandere wieder etliche Plätze nach hinten.
Ich bin heilfroh, als es endlich flacher wird und ich wieder gut im Strom mitschwimmen kann. Durch Kopfsteinpflaster geht es durch das mittalterliche Örtchen Glurns, dann kommt die Streckenteilung: links Richtung Prad und Stilfser Joch, geradeaus auf der kurzen B-Strecke direkt zum Ofenpass. Es biegen doch ziemlich viele auf die B-Strecke ab, die schnurgerade Straße nach Prad sieht jetzt recht dünn befahren aus. Darum also die Hatz bergab, die meisten da vorne fahren offenbar die kürzere Runde. Nachdem sich alles sortiert hat, finde ich mich am Anfang einer kleiner werdenden Gruppe wieder, die zügig voranstrebt, bald aber eine gut 300 Meter große Lücke vor sich hat. Die anderen halten sich sehr zurück, ich wechsele mich nur noch mit einem Zweiten ab, um die Lücke zu schließen, aber bei dem starken Gegenwind und angesichts des Stilfser Jochs, das gleich ohnehin die Karten neu mischen wird, lassen wir es bei hundert Metern vor dem Letzten vor uns gut sein – der Aufwand lohnt eigentlich nicht.
Es beginnt die langgezogene Abfahrt nach Burgeis und dann Mals, und ich sehe, wie weit der Bandwurm sich noch nach vorne erstreckt, obwohl ich schätzungsweise 500 Positionen bereits gutgemacht habe. Da ist noch mindestens eine weitere Gruppe vorne, und bergab zieht sich das Ganze immer weiter auseinander. Statt Serpentinen gibt es hier langgezogene breite Kurven, die man leicht mit 70-80 km/h fahren kann – könnte, was mich angeht, denn mitten in der Radlerflut, so locker sie hier ist, bremse ich wie immer viel zu vorsichtig und wandere wieder etliche Plätze nach hinten.
Ich bin heilfroh, als es endlich flacher wird und ich wieder gut im Strom mitschwimmen kann. Durch Kopfsteinpflaster geht es durch das mittalterliche Örtchen Glurns, dann kommt die Streckenteilung: links Richtung Prad und Stilfser Joch, geradeaus auf der kurzen B-Strecke direkt zum Ofenpass. Es biegen doch ziemlich viele auf die B-Strecke ab, die schnurgerade Straße nach Prad sieht jetzt recht dünn befahren aus. Darum also die Hatz bergab, die meisten da vorne fahren offenbar die kürzere Runde. Nachdem sich alles sortiert hat, finde ich mich am Anfang einer kleiner werdenden Gruppe wieder, die zügig voranstrebt, bald aber eine gut 300 Meter große Lücke vor sich hat. Die anderen halten sich sehr zurück, ich wechsele mich nur noch mit einem Zweiten ab, um die Lücke zu schließen, aber bei dem starken Gegenwind und angesichts des Stilfser Jochs, das gleich ohnehin die Karten neu mischen wird, lassen wir es bei hundert Metern vor dem Letzten vor uns gut sein – der Aufwand lohnt eigentlich nicht.
Stilfser Joch: 48 Kehren Glückseligkeit
Wir
erreichen Prad. Nach einer scharfen Rechtskurve steigt die Straße entlang eines Bachs
zunächst langsam an. Etliche bleiben am ersten Verpflegungspunkt stehen, ich fahre ohne Stopp
weiter und bin mal wieder überrascht, wie vorsichtig die Meisten die jetzt noch kaum spürbare
Steigung angehen. Ich fühle mich großartig: die Abfahrt vom Reschenpass, vor der ich neben der
vom Umbrail den größten Bammel hatte, ist ohne allzu viele Positionsverluste geschafft, jetzt bin
ich in meinem Element! Rund 24 km und 1850 Höhenmeter
stehen bevor, die für mich nach dem
Abfahrtsstress pure Erholung bedeuten: das
Stilfser Joch oder, schöner auf italienisch, Passo Stelvio.
Und so ist es. Ohne besondere Anstrengung schiebe ich mich Stück für Stück an Grüppchen von Radfahrern vorbei nach oben. Ich habe mir vorgenommen, hier noch nicht so heftig zu fahren wie beim Kaunertaler, Pulswerte oberhalb von 170 sollen erst mal Tabu bleiben, das hebe ich mir lieber für den Schlussanstieg auf. Ich war mir allerdings gar nicht sicher, ob ich diesen hehren Vorsatz im Rennfieber dann auch tatsächlich einhalten würde: wenn vor mir die Gruppen gehen und attackiert wird, ist mir das noch nie gelungen.
Aber vielleicht ist es ganz gut, dass ich noch so weit hinten bin; von attackierenden Gruppen würde ich hier gar nichts sehen, falls es sie überhaupt gibt. Statt dessen kurbele ich mit Pulswerten zwischen 155 und 165 locker an allem, was auf der Straße ist, vorbei, die Grüppchen werden immer kleiner und die Abstände dazwischen immer länger. Also keine Veranlassung, sich jetzt schon mehr als nötig zu quälen. Meine Begleiter von der Strecke nach Prad habe ich schon nach wenigen Minuten verloren; einen vom See, der bergab an mir vorbeigerast ist, grüße ich kurz darauf im Vorbeifahren – viel hat das nicht gebracht. Ein bisschen komisch ist das schon, dass ich niemanden sehe, der voll zu fahren scheint, die meisten fahren recht einträchtig hintereinander, vollends zufrieden damit, ihre jeweilige Gruppe nicht zu verlieren. Nur ich falle aus dem Rahmen, indem ich links und notfalls rechts konstant vorbeigehe.
Bald lockert sich das Ganze immer mehr auf, es gibt auch mal größere Lücken, und die Tempodifferenz wird dafür kleiner. Es dauert auch mal etwas länger, bis ein Fahrer in der Kurve vor mir eingeholt ist. Manche schnelleren erschrecken, wenn ich plötzlich neben ihnen auftauche, ziehen das Tempo an und versuchen sich reinzuhängen, länger als eine Minute bleiben auch sie nicht in Sicht. Wo sind denn die richtigen Bergfahrer bloß, die mich am Kaunertaler abgehängt haben? Die müssen immer noch weiter da vorne sein! Manchmal hängt auch ein ganzer kleiner Pulk zusammen, und es ist etwas schwieriger, sich hindurchzufädeln, da keiner mit "Angriffen" von hinten zu rechnen scheint. Als ich einmal nach längerem Warten endlich eine Lücke finde und hindurchfahren will, hupt es von hinten: ein Motorradfahrer ärgert sich, dass ich die Gruppe überhole und ihm damit den Durchlass versperre. Dein Problem, mein lieber, erstens dürfen auch Radfahrer überholen, und zweitens findet hier ein Rennen statt, das müssten eigentlich alle Verkehrsteilnehmer mittlerweile wissen!
Die Straße steigt jetzt stärker an, im Sitzen muss schon mal 34/23 gekettet werden. Ab Gomagoi auf 1250 m Höhe beginnen die ersten der 48 absteigend durchnummerierten Serpentinen, ein langer Countdown zur Passhöhe hin. Zunächst noch mit langen Geraden dazwischen, doch ab der Verpflegung in Trafoi (1543m), wo ich einen Becher Wasser im Fahren ergattern kann, folgt eine Serpentine auf die nächste, eine gleichmäßige Abfolge von Rampen, die ihren ganz eigenen Rhythmus besitzt. In den Serpentinen stehe ich, wie ich das liebe, kurz auf, schalte 2 Gänge hoch, um durch das steilere Kurveninnere zu beschleunigen – es sei denn, ein Auto kommt von oben runter, was selten geschieht – und mache so gleich wieder etliche Meter gut, bevor ich mich wieder setze. "Oh, Entschuldigung!" erschrickt einer, der ebenfalls ganz nach innen fährt, als ich zwischen ihm und der Felswand auftauche und kurz bremsen muss. "Kein Problem, Hauptsache, Du lässt mich vorbei."
Knapp die Hälfte des Aufstiegs ist geschafft. Der Puls liegt jetzt meistens doch ein paar Schläge höher, aber alles fühlt sich noch sehr gut an. Nur noch einzelne Fahrer tauchen hin und wieder vor mir auf, 4 oder 5 Serpentinen höher sehe ich die Spitze mit Führungsfahrzeug. Ob ich da noch rankomme? Unwahrscheinlich. Und wenn, würde ich bergab dann doch wieder den Anschluss verlieren. Nein, zum ersten Mal in meinem Leben fahre ich ein Rennen in meinem Tempo, und es ist einfach nur herrlich! Habe ich schon irgendwann mal in so kurzer Zeit so viele Radfahrer überholt?
Wir verlassen den Wald, trotz mittlerweile über 2000 m Höhe wird es in der jetzt ungetrübt scheinenden Sonne ordentlich warm. Und da ist sie, die berühmte Steilwand, die den Talkessel abschließt und den Straßenbauingenieuren einiges abverlangt hat! Noch 650 Höhenmeter bis oben. Man hat freie Sicht auf die höhergelegenen Serpentinen und was sich auf denen noch tut. Das ist nicht mehr viel, die Spitze scheint nur noch 2 oder 3 Windungen höher zu sein, mehr als 40 Fahrer oder so können da nicht mehr dazwischen liegen. Ich schraube mich weiter hoch, wenn ich aus einer Serpentine komme, sehe ich nur noch ein paar Fahrer bis zur nächsten vor mir, und mindestens einen schlucke ich bis dorthin, was jetzt doch einige Anstrengung kostet. An der letzten Kehre taucht unvermittelt ein Verpflegungsposten auf, mit dem hatte ich eigentlich ganz oben gerechnet; mit Mühe schnappe ich nochmal einen Becher, muss doch etwas verlangsamen, um mir die Brühe nicht übers Rad zu schütten und halbwegs zu Atem zu kommen, bevor ich trinken kann. Das habe ich jetzt dringend gebraucht, die eine Trinkflasche ist fast leer. Der nächste Fahrer ist ausser Reichweite, der letzte Überholte ein gutes Stück zurück – Zeit, sich etwas zu erholen. "Sehr gut, Platz 32!" ruft mir der Mann mit dem Becher nach, aber ich verstehe erst Minuten später, was er gesagt hat, der Sinn der Worte ist gar nicht zu mir durchgedrungen. Hat er 32 oder 23 gesagt? Oder doch was ganz Anderes?
Ich bin oben! Rund 1 1/2 Stunden habe ich für den Aufstieg auf 2757 m seit Prad gebraucht, 64 km und 2:20 Stunden und die meisten Höhenmeter liegen insgesamt hinter mir. Immer noch habe ich Durst, ich blicke suchend umher, ob hier nicht doch eine weitere Verpflegungsstelle ist, dann hätte ich mal angehalten und die Flaschen aufgefüllt. Aber es gibt nur die üblichen Würstchenbuden, Motorradfahrer und Touristen. Dann also direkt durchziehen, Reissverschluss und Armlinge hoch und ab in die Abfahrt. Die Windjacke erweist sich als unnötig und bleibt in der Rückentasche; unsere Befürchtungen bezüglich der Temperaturen waren völlig unnötig.
Und so ist es. Ohne besondere Anstrengung schiebe ich mich Stück für Stück an Grüppchen von Radfahrern vorbei nach oben. Ich habe mir vorgenommen, hier noch nicht so heftig zu fahren wie beim Kaunertaler, Pulswerte oberhalb von 170 sollen erst mal Tabu bleiben, das hebe ich mir lieber für den Schlussanstieg auf. Ich war mir allerdings gar nicht sicher, ob ich diesen hehren Vorsatz im Rennfieber dann auch tatsächlich einhalten würde: wenn vor mir die Gruppen gehen und attackiert wird, ist mir das noch nie gelungen.
Aber vielleicht ist es ganz gut, dass ich noch so weit hinten bin; von attackierenden Gruppen würde ich hier gar nichts sehen, falls es sie überhaupt gibt. Statt dessen kurbele ich mit Pulswerten zwischen 155 und 165 locker an allem, was auf der Straße ist, vorbei, die Grüppchen werden immer kleiner und die Abstände dazwischen immer länger. Also keine Veranlassung, sich jetzt schon mehr als nötig zu quälen. Meine Begleiter von der Strecke nach Prad habe ich schon nach wenigen Minuten verloren; einen vom See, der bergab an mir vorbeigerast ist, grüße ich kurz darauf im Vorbeifahren – viel hat das nicht gebracht. Ein bisschen komisch ist das schon, dass ich niemanden sehe, der voll zu fahren scheint, die meisten fahren recht einträchtig hintereinander, vollends zufrieden damit, ihre jeweilige Gruppe nicht zu verlieren. Nur ich falle aus dem Rahmen, indem ich links und notfalls rechts konstant vorbeigehe.
Bald lockert sich das Ganze immer mehr auf, es gibt auch mal größere Lücken, und die Tempodifferenz wird dafür kleiner. Es dauert auch mal etwas länger, bis ein Fahrer in der Kurve vor mir eingeholt ist. Manche schnelleren erschrecken, wenn ich plötzlich neben ihnen auftauche, ziehen das Tempo an und versuchen sich reinzuhängen, länger als eine Minute bleiben auch sie nicht in Sicht. Wo sind denn die richtigen Bergfahrer bloß, die mich am Kaunertaler abgehängt haben? Die müssen immer noch weiter da vorne sein! Manchmal hängt auch ein ganzer kleiner Pulk zusammen, und es ist etwas schwieriger, sich hindurchzufädeln, da keiner mit "Angriffen" von hinten zu rechnen scheint. Als ich einmal nach längerem Warten endlich eine Lücke finde und hindurchfahren will, hupt es von hinten: ein Motorradfahrer ärgert sich, dass ich die Gruppe überhole und ihm damit den Durchlass versperre. Dein Problem, mein lieber, erstens dürfen auch Radfahrer überholen, und zweitens findet hier ein Rennen statt, das müssten eigentlich alle Verkehrsteilnehmer mittlerweile wissen!
Die Straße steigt jetzt stärker an, im Sitzen muss schon mal 34/23 gekettet werden. Ab Gomagoi auf 1250 m Höhe beginnen die ersten der 48 absteigend durchnummerierten Serpentinen, ein langer Countdown zur Passhöhe hin. Zunächst noch mit langen Geraden dazwischen, doch ab der Verpflegung in Trafoi (1543m), wo ich einen Becher Wasser im Fahren ergattern kann, folgt eine Serpentine auf die nächste, eine gleichmäßige Abfolge von Rampen, die ihren ganz eigenen Rhythmus besitzt. In den Serpentinen stehe ich, wie ich das liebe, kurz auf, schalte 2 Gänge hoch, um durch das steilere Kurveninnere zu beschleunigen – es sei denn, ein Auto kommt von oben runter, was selten geschieht – und mache so gleich wieder etliche Meter gut, bevor ich mich wieder setze. "Oh, Entschuldigung!" erschrickt einer, der ebenfalls ganz nach innen fährt, als ich zwischen ihm und der Felswand auftauche und kurz bremsen muss. "Kein Problem, Hauptsache, Du lässt mich vorbei."
Knapp die Hälfte des Aufstiegs ist geschafft. Der Puls liegt jetzt meistens doch ein paar Schläge höher, aber alles fühlt sich noch sehr gut an. Nur noch einzelne Fahrer tauchen hin und wieder vor mir auf, 4 oder 5 Serpentinen höher sehe ich die Spitze mit Führungsfahrzeug. Ob ich da noch rankomme? Unwahrscheinlich. Und wenn, würde ich bergab dann doch wieder den Anschluss verlieren. Nein, zum ersten Mal in meinem Leben fahre ich ein Rennen in meinem Tempo, und es ist einfach nur herrlich! Habe ich schon irgendwann mal in so kurzer Zeit so viele Radfahrer überholt?
Wir verlassen den Wald, trotz mittlerweile über 2000 m Höhe wird es in der jetzt ungetrübt scheinenden Sonne ordentlich warm. Und da ist sie, die berühmte Steilwand, die den Talkessel abschließt und den Straßenbauingenieuren einiges abverlangt hat! Noch 650 Höhenmeter bis oben. Man hat freie Sicht auf die höhergelegenen Serpentinen und was sich auf denen noch tut. Das ist nicht mehr viel, die Spitze scheint nur noch 2 oder 3 Windungen höher zu sein, mehr als 40 Fahrer oder so können da nicht mehr dazwischen liegen. Ich schraube mich weiter hoch, wenn ich aus einer Serpentine komme, sehe ich nur noch ein paar Fahrer bis zur nächsten vor mir, und mindestens einen schlucke ich bis dorthin, was jetzt doch einige Anstrengung kostet. An der letzten Kehre taucht unvermittelt ein Verpflegungsposten auf, mit dem hatte ich eigentlich ganz oben gerechnet; mit Mühe schnappe ich nochmal einen Becher, muss doch etwas verlangsamen, um mir die Brühe nicht übers Rad zu schütten und halbwegs zu Atem zu kommen, bevor ich trinken kann. Das habe ich jetzt dringend gebraucht, die eine Trinkflasche ist fast leer. Der nächste Fahrer ist ausser Reichweite, der letzte Überholte ein gutes Stück zurück – Zeit, sich etwas zu erholen. "Sehr gut, Platz 32!" ruft mir der Mann mit dem Becher nach, aber ich verstehe erst Minuten später, was er gesagt hat, der Sinn der Worte ist gar nicht zu mir durchgedrungen. Hat er 32 oder 23 gesagt? Oder doch was ganz Anderes?
Ich bin oben! Rund 1 1/2 Stunden habe ich für den Aufstieg auf 2757 m seit Prad gebraucht, 64 km und 2:20 Stunden und die meisten Höhenmeter liegen insgesamt hinter mir. Immer noch habe ich Durst, ich blicke suchend umher, ob hier nicht doch eine weitere Verpflegungsstelle ist, dann hätte ich mal angehalten und die Flaschen aufgefüllt. Aber es gibt nur die üblichen Würstchenbuden, Motorradfahrer und Touristen. Dann also direkt durchziehen, Reissverschluss und Armlinge hoch und ab in die Abfahrt. Die Windjacke erweist sich als unnötig und bleibt in der Rückentasche; unsere Befürchtungen bezüglich der Temperaturen waren völlig unnötig.
Abfahrt vom Umbrail – Rückkehr in die Zeiten der Radpioniere
Eigentlich mag ich es gar nicht, wenn ich mich bei Abfahrt gehetzt fühle. Aber wie so oft schaltet
das Hirn im Adrenalinrausch einige sonst übliche Bedenken ab, und so wedele ich die weiten Kurven
der Abfahrt bis zum Abzweig Umbrailpass erstaunlich flott hinunter. Dazu trägt sicher bei, dass die
Straße völlig leer ist; nur hin und wieder sehe ich weit vor mir den nächsten Radler, doch wenn ich
mich
umdrehe, kommt bisher niemand nach. Nur zwei Autos stören etwas, die auf der ersten flacheren
Gerade überholt haben und mich jetzt in den Kurven ausbremsen, bis ich sie endlich überholen kann.
Müssen die gerade jetzt mitten im Rennen hier runter?
Nach 250 Höhenmetern Abfahrt geht es ein paar Meter rauf zum Umbrail und damit in die Schweiz und dann richtig runter. Noch kommt niemand von hinten, die andern haben wohl oben kurz pausiert. Die Straße wird schmaler, dann beginnen die gefürchteten 3 km Naturstraße, die ungefähr einem unasphaltierten Radweg ähneln: festplanierter, aber holpriger Boden mit einer Stein-/Sand-Oberfläche; nur dass Radwege sonst nicht so steil und kurvenreich sind. Kurz vorher hat mich ein Motorrad der Veranstalter (nehme ich an) überholt, zunächst versuche ich mich an dem zu orientieren, der Fahrer ist allerdings deutlich versierter als die Gruppe deutscher Motorradfahrer, die ich hier vor 2 Jahren mal bergab abgehängt habe: an diesem kann ich beim besten Willen nicht dranbleiben. Nein, lieber nichts riskieren und sicher runter.
Prompt rauscht einer von hinten an mir vorbei, wird aber vielleicht auch etwas vorsichtiger, als wir einen Fahrer mit Panne am Rand passieren. Dann noch einen, bei dem schon ein Auto hält. Eigentlich kann ich mir gar nicht vorstellen, dass man von den paar Steinchen hier einen Platten kriegen sollte; in der Hinsicht fühle ich mich auch mit meinen Schlauchreifen recht sicher. Ich habe eher Bedenken, dass mir das Rad wegschmiert und ich mich unsanft auf die rauhen Steine legen könnte. So bremse ich vor den engen Kurven fast auf Schrittgeschwindigkeit ab und lasse es auf den Geraden meist nur rollen. Eigentlich würde ich gerne mal was trinken, aber ich werde so durchgeschüttelt, dass an einhändiges Fahren nicht zu denken ist.
Endlich geht der Belag wieder in Asphalt über, die Straße bleibt aber schmal, windet sich oft sehr steil abfallend durch dichten Wald. Noch 3 Radfahrer überholen mich, bleiben immerhin in Sichtweite. Mist, wieviele Plätze werde ich jetzt noch verlieren? Wahrscheinlich fahre ich jetzt mit diesen "Vorbildern" vor Augen doch etwas flotter runter, denn als sich der Wald zu Wiesen lichtet und das Tal unter uns liegt, sehe ich beim Schulterblick noch zwei oder drei weitere in der Serpentine über mir, die aber bis unten nicht mehr überholen. Mit einer langen Geraden geht es im Schuss nach Santa Maria hinein. Ich ziehe bei Tempo 65 endgültig die Armlinge aus und nehme einen Schluck aus der Pulle, dann führt der Weg durch die engen Gassen auch schon wieder hinaus und nach oben gen Ofenpass.
Nach 250 Höhenmetern Abfahrt geht es ein paar Meter rauf zum Umbrail und damit in die Schweiz und dann richtig runter. Noch kommt niemand von hinten, die andern haben wohl oben kurz pausiert. Die Straße wird schmaler, dann beginnen die gefürchteten 3 km Naturstraße, die ungefähr einem unasphaltierten Radweg ähneln: festplanierter, aber holpriger Boden mit einer Stein-/Sand-Oberfläche; nur dass Radwege sonst nicht so steil und kurvenreich sind. Kurz vorher hat mich ein Motorrad der Veranstalter (nehme ich an) überholt, zunächst versuche ich mich an dem zu orientieren, der Fahrer ist allerdings deutlich versierter als die Gruppe deutscher Motorradfahrer, die ich hier vor 2 Jahren mal bergab abgehängt habe: an diesem kann ich beim besten Willen nicht dranbleiben. Nein, lieber nichts riskieren und sicher runter.
Prompt rauscht einer von hinten an mir vorbei, wird aber vielleicht auch etwas vorsichtiger, als wir einen Fahrer mit Panne am Rand passieren. Dann noch einen, bei dem schon ein Auto hält. Eigentlich kann ich mir gar nicht vorstellen, dass man von den paar Steinchen hier einen Platten kriegen sollte; in der Hinsicht fühle ich mich auch mit meinen Schlauchreifen recht sicher. Ich habe eher Bedenken, dass mir das Rad wegschmiert und ich mich unsanft auf die rauhen Steine legen könnte. So bremse ich vor den engen Kurven fast auf Schrittgeschwindigkeit ab und lasse es auf den Geraden meist nur rollen. Eigentlich würde ich gerne mal was trinken, aber ich werde so durchgeschüttelt, dass an einhändiges Fahren nicht zu denken ist.
Endlich geht der Belag wieder in Asphalt über, die Straße bleibt aber schmal, windet sich oft sehr steil abfallend durch dichten Wald. Noch 3 Radfahrer überholen mich, bleiben immerhin in Sichtweite. Mist, wieviele Plätze werde ich jetzt noch verlieren? Wahrscheinlich fahre ich jetzt mit diesen "Vorbildern" vor Augen doch etwas flotter runter, denn als sich der Wald zu Wiesen lichtet und das Tal unter uns liegt, sehe ich beim Schulterblick noch zwei oder drei weitere in der Serpentine über mir, die aber bis unten nicht mehr überholen. Mit einer langen Geraden geht es im Schuss nach Santa Maria hinein. Ich ziehe bei Tempo 65 endgültig die Armlinge aus und nehme einen Schluck aus der Pulle, dann führt der Weg durch die engen Gassen auch schon wieder hinaus und nach oben gen Ofenpass.
Hitze am Ofen
Ich bin gerade dabei,
mit dem Vierten, der ebenfalls etwas zurückgefallen war, und den
paar hinter mir zu den restlichen
Dreien vor uns aufzuschließen, als plötzlich Dutzende Radfahrer
von links auftauchen – ich bin kurz verwirrt, bevor mir einfällt, dass hier die kurze
B-Strecke wieder bei uns landet. Zum Glück sind die "Bs" meistens leicht an ihrem
deutlich niedrigeren Tempo zu erkennen, obwohl auch unsere kleine Gruppe zunächst
kurz verschnauft, ohne aber an dem neuerlichen Verpflegungspunkt anzuhalten. Ich verstaue
endgültig die Armlinge und zwinge erstmals was festes, einen halben Riegel rein, doch da
geht's auch schon los. Mit Mühe halte ich kauend den Anschluss, als das Tempo anzieht.
Ruck-zuck sind wir wieder nur noch zu viert und überholen konstant die lange Reihe an Bs
und auch einige As, die sich wohl am Stelvio plattgefahren haben.
Auch den Ofenpass (2149 m) bin ich schon einige Male gefahren. Am Anfang steigt er nur recht wenig an und führt eher gerade durchs Münstertal; erst auf den letzten Kilometern wird es kurviger und steiler. Wegen der Lage von Ost nach West scheint die Sonne hier genau von hinten, und es wird deutlich wärmer als am Stelvio, auch wenn sich die Hitze jetzt um 9:30 Uhr noch in Grenzen hält – die langsameren Fahrer, die hier 2 Stunden später hoch müssen, sind nicht zu beneiden...
Mein Lieblingspass ist das nicht, aber er scheint mir immer noch besser zu schmecken als den Meisten. Als es oben steil wird, verliere ich den Rest der Gruppe; kurz überlege ich, ob ich warten soll, aber wenn ich an die nächste Abfahrt denke, fahre ich doch lieber alleine weiter, die werden mich noch früh genug einholen. Zum Problem wird jetzt eher, dass mir mittlerweile die Zunge am Gaumen klebt und ich kaum noch was zu Trinken habe. Überall am Pass stehen hier Autos mit Muttchen, um ihren Helden, auch wenn sie nur die B-Strecke fahren, Getränke und Nahrung zu reichen, obwohl es ja eigentlich Verpflegungspunkte genug gibt. Das könnte ich jetzt auch gebrauchen! Als ich zum zweiten Mal das Auto mit dem "andreastraxl.com"- Aufdruck passiere – auf Traxl wird das wohl kaum warten, wohl eher einen seiner Kumpel – frage ich die Frau am Fenster, ob sie wohl für mich eine Flasche entbehren könnte, doch sie bedauert: "Leider nein", es sei keine mehr übrig. Na ja.
So bleibt mir nur der Verpflegungsstand oben am Pass, der bereits von Trauben von Radlern umzingelt ist. Da meine Gefährten von vorhin noch weit weg sind, leiste ich mir den Luxus, erstmals anzuhalten. Nervös hantiere ich mit einem Becher, um mir den Inhalt in die Flasche zu kippen; ein smarter Helfer sieht an meiner Startnummer, dass ich zu den wohl noch wenigen hier durchgekommenen As gehöre, und gießt mir netterweise direkt aus einer Kanne in die Flasche. Die zweite Flasche fülle ich – da habe ich die noch verbliebene Strecke unterschätzt, wie sich später herausstellen wird – nur halb auf, dann klicke ich auch schon wieder ein und jage los. Der Aufenthalt dürfte mich nur 30 Sekunden gekostet haben, für den Aufstieg von knapp 800 Höhenmetern und 14 km habe ich ziemlich genau 43 Minuten gebraucht.
Auch den Ofenpass (2149 m) bin ich schon einige Male gefahren. Am Anfang steigt er nur recht wenig an und führt eher gerade durchs Münstertal; erst auf den letzten Kilometern wird es kurviger und steiler. Wegen der Lage von Ost nach West scheint die Sonne hier genau von hinten, und es wird deutlich wärmer als am Stelvio, auch wenn sich die Hitze jetzt um 9:30 Uhr noch in Grenzen hält – die langsameren Fahrer, die hier 2 Stunden später hoch müssen, sind nicht zu beneiden...
Mein Lieblingspass ist das nicht, aber er scheint mir immer noch besser zu schmecken als den Meisten. Als es oben steil wird, verliere ich den Rest der Gruppe; kurz überlege ich, ob ich warten soll, aber wenn ich an die nächste Abfahrt denke, fahre ich doch lieber alleine weiter, die werden mich noch früh genug einholen. Zum Problem wird jetzt eher, dass mir mittlerweile die Zunge am Gaumen klebt und ich kaum noch was zu Trinken habe. Überall am Pass stehen hier Autos mit Muttchen, um ihren Helden, auch wenn sie nur die B-Strecke fahren, Getränke und Nahrung zu reichen, obwohl es ja eigentlich Verpflegungspunkte genug gibt. Das könnte ich jetzt auch gebrauchen! Als ich zum zweiten Mal das Auto mit dem "andreastraxl.com"- Aufdruck passiere – auf Traxl wird das wohl kaum warten, wohl eher einen seiner Kumpel – frage ich die Frau am Fenster, ob sie wohl für mich eine Flasche entbehren könnte, doch sie bedauert: "Leider nein", es sei keine mehr übrig. Na ja.
So bleibt mir nur der Verpflegungsstand oben am Pass, der bereits von Trauben von Radlern umzingelt ist. Da meine Gefährten von vorhin noch weit weg sind, leiste ich mir den Luxus, erstmals anzuhalten. Nervös hantiere ich mit einem Becher, um mir den Inhalt in die Flasche zu kippen; ein smarter Helfer sieht an meiner Startnummer, dass ich zu den wohl noch wenigen hier durchgekommenen As gehöre, und gießt mir netterweise direkt aus einer Kanne in die Flasche. Die zweite Flasche fülle ich – da habe ich die noch verbliebene Strecke unterschätzt, wie sich später herausstellen wird – nur halb auf, dann klicke ich auch schon wieder ein und jage los. Der Aufenthalt dürfte mich nur 30 Sekunden gekostet haben, für den Aufstieg von knapp 800 Höhenmetern und 14 km habe ich ziemlich genau 43 Minuten gebraucht.
Abfahrt mit Hindernissen
Zwar sind jetzt wieder Hunderte Radfahrer vor mir, ganz wie zu Anfang, aber wieder sind die alle
selbst bergab so langsam unterwegs, dass ich problemlos vorbeischießen kann, auch wenn die Straße
jetzt deutlich mehr Verkehr aufweist als z.B. am Stilfser Joch.
Die eigentliche Abfahrt ist nur kurz, dann führt die Straße leicht abschüssig durch ein Naturschutzgebiet. Von früher weiss ich, dass es hier recht schöne Ausblicke auf den wild durcheinandergefallenen Wald gibt, der ganz anders als die sonst üblichen bewirtschafteten und gepflegten Wälder aussieht; aber heute bin ich nur auf mein Tempo konzentriert, mache mich so flach wie möglich und brettere notfalls auf der linken Fahrspur und mit Rufen auf mich aufmerksam machend an erschreckt zusammenzuckenden Grüppchen von B-Fahrern vorbei.
Ist das eigentlich klug? Sollte ich hier nicht eine Gruppe suchen? Aber woher nehmen! Und noch fühle ich mich gut, habe nicht den Eindruck, dass ich mich überfordere.
Der Ofenpass hat eine heimtückische Eigenart: es gibt eigentlich zwei Passhöhen. Nach etwa 400 m bergab beginnt noch einmal ein Anstieg von 150 Höhenmetern, der dann mehr weh tut als man denken würde. Hier trödele ich wohl etwas, denn obwohl ich weiter Radler überhole, bemerke ich auf einmal aus dem Augenwinkel, dass 2 konstant an mir kleben. Haben sich da welche drangehängt? Nein, es sind im Gegenteil zwei von den anderen As vorhin, die sich wieder rangearbeitet haben. Gut, denke ich, dann bin ich nachher nicht ganz so allein. Die beiden haben sich aber wohl gut erholt und verschärfen das Tempo unversehens, nach längerer Zeit im Wohlfühlpuls 150-155 muss ich plötzlich wieder in den EB bis 170.
Das war's dann auch schon mit bergauf, wir fegen endgültig runter Richtung Zernez ins Tal. Wie immer habe ich ein wenig Bammel vor der Abfahrt und einige Probleme, nicht den Anschluss zu verlieren, am liebsten fahre ich noch vorne, aber in einem Tunnel, wo ich kurzfristig kaum was sehe, haut mir der eine der zwei, der sich schon vorher mit Extremposition auf dem Oberrohr liegend als Abfahr-Spezialist profiliert hat, um einige Meter ab, dem sich der zweite anschließt. Panik! Ich riskiere etwas mehr — und fahre fast in eine Absperrung, als hinter einer Kurve plötzlich eine Baustelle mit roter Ampel auftaucht.
Richtig, das mit den Ampeln hatte ich ganz vergessen bzw. nicht ganz ernst genommen. Aber der Arbeiter an der Absperrung hält uns mit barschen Worten zurück; in der Tat kommt uns eine Autoschlange an der einseitigen Verkehrsführung entgegen, wir müssen warten. Am Stelvio hatte es auch schon 1 oder 2 Baustellen gegeben, aber da wurden wir unbürokratisch durchgewunken. Da war ich aber auch nah an der Spitze; hier, in den B-Massen, sehen uns die Arbeiter wohl nicht als "wichtig" an.
Grün, wir sprinten los – um keine 2 Minuten später mit rasendem Puls schon wieder gestoppt zu werden. Mittlerweile haben sich uns durch die Halte auch wieder einige andere Fahrer angeschlossen, was einen von uns ziemlich ärgert; mir ist es egal: die werden bald wieder weg sein, oder aber in der Ebene die Gruppe verstärken. Bei der nächsten Ampel fällt mir ein, dass ich schon einige Zeit pinkeln muss, das müsste klappen. Hatte mir schon überlegt, ob ich die andern bitte, kurz auf mich zu warten, aber so ist die Wartezeit doch immerhin sinnvoller genutzt.
Der Rest der Abfahrt fällt mir leichter, auf breiter Straße rauschen wir zu viert nach Zernez hinein und biegen ab ins Tal, das zurück nach Österreich führt, sind aber plötzlich nur noch zu zweit, da die andern anscheinend am Verpflegungspunkt angehalten haben.
Die eigentliche Abfahrt ist nur kurz, dann führt die Straße leicht abschüssig durch ein Naturschutzgebiet. Von früher weiss ich, dass es hier recht schöne Ausblicke auf den wild durcheinandergefallenen Wald gibt, der ganz anders als die sonst üblichen bewirtschafteten und gepflegten Wälder aussieht; aber heute bin ich nur auf mein Tempo konzentriert, mache mich so flach wie möglich und brettere notfalls auf der linken Fahrspur und mit Rufen auf mich aufmerksam machend an erschreckt zusammenzuckenden Grüppchen von B-Fahrern vorbei.
Ist das eigentlich klug? Sollte ich hier nicht eine Gruppe suchen? Aber woher nehmen! Und noch fühle ich mich gut, habe nicht den Eindruck, dass ich mich überfordere.
Der Ofenpass hat eine heimtückische Eigenart: es gibt eigentlich zwei Passhöhen. Nach etwa 400 m bergab beginnt noch einmal ein Anstieg von 150 Höhenmetern, der dann mehr weh tut als man denken würde. Hier trödele ich wohl etwas, denn obwohl ich weiter Radler überhole, bemerke ich auf einmal aus dem Augenwinkel, dass 2 konstant an mir kleben. Haben sich da welche drangehängt? Nein, es sind im Gegenteil zwei von den anderen As vorhin, die sich wieder rangearbeitet haben. Gut, denke ich, dann bin ich nachher nicht ganz so allein. Die beiden haben sich aber wohl gut erholt und verschärfen das Tempo unversehens, nach längerer Zeit im Wohlfühlpuls 150-155 muss ich plötzlich wieder in den EB bis 170.
Das war's dann auch schon mit bergauf, wir fegen endgültig runter Richtung Zernez ins Tal. Wie immer habe ich ein wenig Bammel vor der Abfahrt und einige Probleme, nicht den Anschluss zu verlieren, am liebsten fahre ich noch vorne, aber in einem Tunnel, wo ich kurzfristig kaum was sehe, haut mir der eine der zwei, der sich schon vorher mit Extremposition auf dem Oberrohr liegend als Abfahr-Spezialist profiliert hat, um einige Meter ab, dem sich der zweite anschließt. Panik! Ich riskiere etwas mehr — und fahre fast in eine Absperrung, als hinter einer Kurve plötzlich eine Baustelle mit roter Ampel auftaucht.
Richtig, das mit den Ampeln hatte ich ganz vergessen bzw. nicht ganz ernst genommen. Aber der Arbeiter an der Absperrung hält uns mit barschen Worten zurück; in der Tat kommt uns eine Autoschlange an der einseitigen Verkehrsführung entgegen, wir müssen warten. Am Stelvio hatte es auch schon 1 oder 2 Baustellen gegeben, aber da wurden wir unbürokratisch durchgewunken. Da war ich aber auch nah an der Spitze; hier, in den B-Massen, sehen uns die Arbeiter wohl nicht als "wichtig" an.
Grün, wir sprinten los – um keine 2 Minuten später mit rasendem Puls schon wieder gestoppt zu werden. Mittlerweile haben sich uns durch die Halte auch wieder einige andere Fahrer angeschlossen, was einen von uns ziemlich ärgert; mir ist es egal: die werden bald wieder weg sein, oder aber in der Ebene die Gruppe verstärken. Bei der nächsten Ampel fällt mir ein, dass ich schon einige Zeit pinkeln muss, das müsste klappen. Hatte mir schon überlegt, ob ich die andern bitte, kurz auf mich zu warten, aber so ist die Wartezeit doch immerhin sinnvoller genutzt.
Der Rest der Abfahrt fällt mir leichter, auf breiter Straße rauschen wir zu viert nach Zernez hinein und biegen ab ins Tal, das zurück nach Österreich führt, sind aber plötzlich nur noch zu zweit, da die andern anscheinend am Verpflegungspunkt angehalten haben.
Fahren im D-Zug
Alle Angst-Abfahrten sind geschafft!
Jetzt muss ich nur noch 40-50 flache Kilometer überstehen,
bis der finale Anstieg zur Norbertshöhe und eine Mini-Abfahrt ins Ziel kommt, und fertig!
Ich bin total happy, bis jetzt ist eigentlich alles perfekt nach Plan gelaufen. Ich fange an zu
rechnen: bis Nauders sind es noch etwas über 50 km, in spätestens 1 1/2 Stunden sollte ich da sein.
Selbst, wenn ich den Anschluss an meine Gruppe verlieren sollte, müsste das auch noch zu überstehen
sein.
Die nächsten 40 km kommen mir im Rückblick als der längste Teil des Rennens vor, obwohl es wohl kaum über 1 Stunde gedauert hat. Es beginnt eine Gruppen-Hatz durch das insgesamt leicht abfallende, wellige Tal gegen den Wind. Zuerst zu zweit, dann sammeln wir einen von vorne ein, der Abfahr-Crack kommt nach Verpflegungsstop von hinten wieder dazu. Wir wechseln uns regelmäßig ab, und das Tempo liegt immer, wenn ich auf den Tacho schaue, zwischen 38 und 45 km/h. Überholte B-Fahrer, die manchmal fast zu stehen scheinen, wenn wir vorbeiblasen, haben an neuerlichen zwei oder drei roten Baustellenampeln kurz Gelegenheit, hinten kurz mitzuzappeln, sind aber schnell wieder weg. Nur ein fünfter Langstreckler, sichtlich erschöpft von der Alleinfahrt, schafft es sich reinzuhängen und muss sich zunächst nicht an der Führung beteiligen.
Nachdem mir klar ist, dass ich mir keine Sorgen mehr machen muss, hier rauszufallen, habe ich Muße, meine Gefährten zu "analysieren". Unsere 5er-Gruppe funktioniert ganz gut, wenn auch die Fahrer deutlich unterschiedlich sind. Der eine im ärmellosen Shirt, der Abfahrspezialist, hängt uns regelmäßig bergab fast ab – wartet dann zum Glück wieder auf uns, alleine will er ja auch nicht bleiben –, bleibt bei kleinen Anstiegen dafür immer hinten. Ein anderer tritt in der Ebene, wenn er vorne ist, ziemlich hart, lässt nach einiger Zeit aber deutlich nach und ist auch zu kräftig für einen echten Bergfahrer. Der zuletzt hinzugekommene mit den Carbonfelgen sieht schon eher so aus und muss es wohl auch sein, wenn er allein soweit vorne war, drückt sich aber weiterhin immer noch ziemlich vor dem Wind; schon nach wenigen Sekunden, in denen das Tempo spürbar absinkt, geht er wieder raus. Entweder ist er bereits ziemlich kaputt, oder er schont sich für den Schluss. Dem traue ich am ehesten zu, mir an der Norbertshöhe gefährlich zu werden.
Noch 30, 20, 10 Kilometer. Das Gelände fällt Richtung Martina, dem letzten Ort vor dem Schlussanstieg, stärker ab, auch die B-Fahrer dünnen aus, die meisten von denen haben wir wohl auch schon hinter uns gelassen. Ich rechne nicht mehr mit irgendwelchen Problemen bis Martina, falls nicht plötzlich noch eine starke Gruppe von hinten kommen sollte, es gilt jetzt, sich mental und physisch auf den Schluss vorzubereiten. Das letzte Gel wird geöffnet, Wasser zum Runterspülen habe ich leider kaum noch, das muss jetzt schlückchenweise gestreckt werden. Ich bin gespannt wie eine Feder, versuche mir das gleichzeitig nicht anmerken zu lassen. Kurz vor dem Ort geht das Tempo runter, alle wollen sich jetzt schonen; ich dehne bergab die Beine, nehme noch ein bisschen Gel. Keiner will so recht führen, mir ist es recht, als erster in die Kurve zum Anstieg zu gehen. Die letzte Wasserstelle lasse ich trotz fast leerer Flasche unbeachtet – jetzt geht's um die Wurst!
Die nächsten 40 km kommen mir im Rückblick als der längste Teil des Rennens vor, obwohl es wohl kaum über 1 Stunde gedauert hat. Es beginnt eine Gruppen-Hatz durch das insgesamt leicht abfallende, wellige Tal gegen den Wind. Zuerst zu zweit, dann sammeln wir einen von vorne ein, der Abfahr-Crack kommt nach Verpflegungsstop von hinten wieder dazu. Wir wechseln uns regelmäßig ab, und das Tempo liegt immer, wenn ich auf den Tacho schaue, zwischen 38 und 45 km/h. Überholte B-Fahrer, die manchmal fast zu stehen scheinen, wenn wir vorbeiblasen, haben an neuerlichen zwei oder drei roten Baustellenampeln kurz Gelegenheit, hinten kurz mitzuzappeln, sind aber schnell wieder weg. Nur ein fünfter Langstreckler, sichtlich erschöpft von der Alleinfahrt, schafft es sich reinzuhängen und muss sich zunächst nicht an der Führung beteiligen.
Nachdem mir klar ist, dass ich mir keine Sorgen mehr machen muss, hier rauszufallen, habe ich Muße, meine Gefährten zu "analysieren". Unsere 5er-Gruppe funktioniert ganz gut, wenn auch die Fahrer deutlich unterschiedlich sind. Der eine im ärmellosen Shirt, der Abfahrspezialist, hängt uns regelmäßig bergab fast ab – wartet dann zum Glück wieder auf uns, alleine will er ja auch nicht bleiben –, bleibt bei kleinen Anstiegen dafür immer hinten. Ein anderer tritt in der Ebene, wenn er vorne ist, ziemlich hart, lässt nach einiger Zeit aber deutlich nach und ist auch zu kräftig für einen echten Bergfahrer. Der zuletzt hinzugekommene mit den Carbonfelgen sieht schon eher so aus und muss es wohl auch sein, wenn er allein soweit vorne war, drückt sich aber weiterhin immer noch ziemlich vor dem Wind; schon nach wenigen Sekunden, in denen das Tempo spürbar absinkt, geht er wieder raus. Entweder ist er bereits ziemlich kaputt, oder er schont sich für den Schluss. Dem traue ich am ehesten zu, mir an der Norbertshöhe gefährlich zu werden.
Noch 30, 20, 10 Kilometer. Das Gelände fällt Richtung Martina, dem letzten Ort vor dem Schlussanstieg, stärker ab, auch die B-Fahrer dünnen aus, die meisten von denen haben wir wohl auch schon hinter uns gelassen. Ich rechne nicht mehr mit irgendwelchen Problemen bis Martina, falls nicht plötzlich noch eine starke Gruppe von hinten kommen sollte, es gilt jetzt, sich mental und physisch auf den Schluss vorzubereiten. Das letzte Gel wird geöffnet, Wasser zum Runterspülen habe ich leider kaum noch, das muss jetzt schlückchenweise gestreckt werden. Ich bin gespannt wie eine Feder, versuche mir das gleichzeitig nicht anmerken zu lassen. Kurz vor dem Ort geht das Tempo runter, alle wollen sich jetzt schonen; ich dehne bergab die Beine, nehme noch ein bisschen Gel. Keiner will so recht führen, mir ist es recht, als erster in die Kurve zum Anstieg zu gehen. Die letzte Wasserstelle lasse ich trotz fast leerer Flasche unbeachtet – jetzt geht's um die Wurst!
Langer Sprint ins Ziel
Sprint ist vielleicht das falsche Wort, es sind ja noch 5 Kilometer und 420 Höhenmeter
über die Norbertshöhe.
Aber ich mache doch ganz gut Druck
auf's Pedal, finde ich. Auf diesen Moment habe ich ja lange genug gewartet und mich bisher bis zu
einem
gewissen Grad dafür immer zurückgehalten. Und das wohl nicht als einziger. Zwei aus der Gruppe
tauchen
neben mir auf – das ist ja oft so; explosive Antritte sind wohl nicht meine Stärke –,
aber
ich gebe nicht nach, und sie verschwinden wieder aus meinem Gesichtsfeld. Praktisch zum ersten
Mal
heute, vielleicht abgesehen von der Jagd am Anfang bis zum Reschensee, gebe ich wirklich
alles;
und es funktioniert! Wie bei einem kurzen Zeitfahren schnellt der Puls über 180 und bleibt da, auch
nach
160 Kilometern.
Noch einer hängt an meinem Hinterrad. "Du bist aber hartnäckig!" rufe ich nach hinten. Wie erwartet ist es der "Lutscher" von eben, meine Einschätzung war also richtig. Da muss ich wohl härtere Geschütze auffahren. Die Plätze sind mir inzwischen ja egal, es ist klar, dass ich nicht mit der Spitze reinkomme, aber das Gefühl, jetzt nochmal voll aufzudrehen und zum Ende des Rennens einen Angriff zu lancieren, macht mich ganz euphorisch – diesen Moment lasse ich mir jetzt nicht nehmen, einmal möchte ich mir wie ein Profi kurz vor Alpe d'Huez vorkommen!
Das Gel wird geleert – leider die Hälfte davon auf Trikot und Straße, bei Puls 185 wird das doch etwas schwierig –; die letzten Tröpfchen aus der Pulle gesogen — und Attacke! Zwei Gänge rauf, Wiegetritt.
Eine Kehre halte ich das durch, dann muss ich mich setzen und einen Gang runterschalten. Es hat geklappt, 15 Meter Distanz liegen zwischen uns. Der Anstieg, den ich vor 3 Tagen erst mit Reni hochgefahren bin, zieht sich jetzt doch ziemlich, der Gipfel kommt und kommt nicht; da mein Höhenmesser heute vorgeht, werden es 50 m mehr bis oben als erwartet. Zuschauer am Rand feuern mich an, die ebenso wie die halb so schnellen B-Fahrer auf der Strecke merken, dass es für mich "um mehr geht". Ich schnaufe, die Beine brennen, aber ich will nicht nachlassen. Schließlich ist das Rennen gleich vorbei, mit Reserven brauche ich nicht ins Ziel zu fahren. Ein Blick über die Schulter zeigt Leere hinter mir, bis auf die erschrockenen Bs. Die letzten 2 Kurven werden flacher, ich schalte schon jetzt aufs große Blatt, nochmal Wiegetritt, um den Schwung zu halten, jetzt bin ich drüber, Reissverschluss hoch und Durchziehen mit 50/11. 17:40 Minuten habe ich für die 420 Höhenmeter gebraucht, es bleiben noch höchstens 2 Minuten bis ins Ziel!
Eine lange Gerade runter, eine S-Kurve, es wird flacher. Gebe ich auch alles? Nicht, dass jetzt doch noch einer vorbeischießt. Einen weiteren Blick zurück wage ich nicht, ich will gar nicht wissen, was da kommen mag. Da ist auch schon die Hauptstraße, die muss gequert werden, zum Glück abgesichert, eine Unterführung und der Zielbogen. Für völlig bescheuert müssen mich die Zuschauer halten, da ich jetzt auch noch sprinte – ich will nichts riskieren!
Das war's!
Noch einer hängt an meinem Hinterrad. "Du bist aber hartnäckig!" rufe ich nach hinten. Wie erwartet ist es der "Lutscher" von eben, meine Einschätzung war also richtig. Da muss ich wohl härtere Geschütze auffahren. Die Plätze sind mir inzwischen ja egal, es ist klar, dass ich nicht mit der Spitze reinkomme, aber das Gefühl, jetzt nochmal voll aufzudrehen und zum Ende des Rennens einen Angriff zu lancieren, macht mich ganz euphorisch – diesen Moment lasse ich mir jetzt nicht nehmen, einmal möchte ich mir wie ein Profi kurz vor Alpe d'Huez vorkommen!
Das Gel wird geleert – leider die Hälfte davon auf Trikot und Straße, bei Puls 185 wird das doch etwas schwierig –; die letzten Tröpfchen aus der Pulle gesogen — und Attacke! Zwei Gänge rauf, Wiegetritt.
Eine Kehre halte ich das durch, dann muss ich mich setzen und einen Gang runterschalten. Es hat geklappt, 15 Meter Distanz liegen zwischen uns. Der Anstieg, den ich vor 3 Tagen erst mit Reni hochgefahren bin, zieht sich jetzt doch ziemlich, der Gipfel kommt und kommt nicht; da mein Höhenmesser heute vorgeht, werden es 50 m mehr bis oben als erwartet. Zuschauer am Rand feuern mich an, die ebenso wie die halb so schnellen B-Fahrer auf der Strecke merken, dass es für mich "um mehr geht". Ich schnaufe, die Beine brennen, aber ich will nicht nachlassen. Schließlich ist das Rennen gleich vorbei, mit Reserven brauche ich nicht ins Ziel zu fahren. Ein Blick über die Schulter zeigt Leere hinter mir, bis auf die erschrockenen Bs. Die letzten 2 Kurven werden flacher, ich schalte schon jetzt aufs große Blatt, nochmal Wiegetritt, um den Schwung zu halten, jetzt bin ich drüber, Reissverschluss hoch und Durchziehen mit 50/11. 17:40 Minuten habe ich für die 420 Höhenmeter gebraucht, es bleiben noch höchstens 2 Minuten bis ins Ziel!
Eine lange Gerade runter, eine S-Kurve, es wird flacher. Gebe ich auch alles? Nicht, dass jetzt doch noch einer vorbeischießt. Einen weiteren Blick zurück wage ich nicht, ich will gar nicht wissen, was da kommen mag. Da ist auch schon die Hauptstraße, die muss gequert werden, zum Glück abgesichert, eine Unterführung und der Zielbogen. Für völlig bescheuert müssen mich die Zuschauer halten, da ich jetzt auch noch sprinte – ich will nichts riskieren!
Das war's!
Nachspann
Nach dem Rennen dauert es rund eine Stunde, bis ich mein Ergebnis kenne; immer wieder schaue ich auf
der
Wiese nach dem ausgehängten Plan, doch dort stehen nur die ersten 5 oder so. Zwischenzeitlich
treffe ich den Fahrer von vorhin, der an der Norbertshöhe als Letzter an mir dranhing. "Du
hättest
es wohl nicht ertragen, wenn ich drangeblieben wäre?"
fragt er mich etwas verärgert. Gott, was soll
ich sagen? Es war halt ein Rennen. Wenn ich ein paar Minuten vor dem Ziel noch irgendwelche
Körner habe, dann nutze ich die auch aus...
Dann kommt einer und hängt neue Blätter auf. Meine Zeit: 5 Stunden 36, 11. Platz. Eigentlich weit besser, als ich vor dem Rennen zu hoffen gewagt hätte. Aber die Zeit ist merkwürdig, denn auf meiner Uhr war es 12:08 Uhr, als ich über die Ziellinie fuhr, und beim Startschuss 6:33; über Start kann ich also frühestens 6:36 oder 6:37 gefahren sein, müsste eine Zeit von 5:30 oder so ergeben.(Die Auswertung des HAC, den ich kurz nach Durchfahren des Ziels gestoppt habe, zeigt später knapp 5:31). "Das sind erst die Bruttozeiten, Netto kommt später, das ändert aber nichts mehr an der Platzierung", meint der Helfer. Hm, wieso soll das nichts ändern? Da müssten doch noch gute 5 Minuten abgehen bei mir, nur bei denen aus den ersten Startreihen werden sich die Zeiten nicht ändern.
Dann kommt einer und hängt neue Blätter auf. Meine Zeit: 5 Stunden 36, 11. Platz. Eigentlich weit besser, als ich vor dem Rennen zu hoffen gewagt hätte. Aber die Zeit ist merkwürdig, denn auf meiner Uhr war es 12:08 Uhr, als ich über die Ziellinie fuhr, und beim Startschuss 6:33; über Start kann ich also frühestens 6:36 oder 6:37 gefahren sein, müsste eine Zeit von 5:30 oder so ergeben.(Die Auswertung des HAC, den ich kurz nach Durchfahren des Ziels gestoppt habe, zeigt später knapp 5:31). "Das sind erst die Bruttozeiten, Netto kommt später, das ändert aber nichts mehr an der Platzierung", meint der Helfer. Hm, wieso soll das nichts ändern? Da müssten doch noch gute 5 Minuten abgehen bei mir, nur bei denen aus den ersten Startreihen werden sich die Zeiten nicht ändern.
Ich
hole mein "Finishertrikot" ab und gehe zurück zur Pension. Nach dem Duschen nehme ich mir etwas
zum Essen runter auf die Terasse und setze mich noch eine Weile gemütlich hin, bis erst Andreas und
Stan und dann Reni eintrudeln. Reni war allerdings früher im Ziel und hat zwischenzeitlich schon
Roland getroffen, der die beste Zeit der restlichen Truppe erreicht hat. Reni ist noch ganz
aufgedreht
vom Rennen, auch die andern sind recht gut drauf, nur Stan kann einfach nicht fassen, dass ich fast
2 Stunden weniger für die gleiche Strecke gebraucht habe und sieht nicht sehr glücklich aus.
Nichtsdestotrotz gehen wir bei der Siegerehrung um 17:00 Uhr allesamt leer aus – nur die ersten 3 jeder Kategorie werden von dem einem Marktschreier ähnelnden Sprecher auf die Bühne gebeten, da sind wir mit 11. (ich) und 10. Platz (Reni) weit von entfernt. An den Zeiten hat sich tatsächlich nichts mehr geändert und wird es auch später im Internet nicht, was zu vielfachem Unmut in diversen Foren führt; das Gästebuch auf der Dreiländergiro-Homepage wird "zufällig" abgeschaltet, als sich die Beschwerden häufen.
Es sieht ganz danach aus, dass die Transpondermessung beim Start entweder nicht funktioniert hat oder die Zeiten verloren gegangen sind; jeder hat als angebliche "Nettozeit" die Differenz zum allgemeinen Startschuss um 6:30 erhalten. Meine Nachfragen beim Veranstalter werden zuerst gar nicht und dann recht ausweichend beantwortet. Was mich dabei besonders ärgert, ist, dass es quasi keine Möglichkeit gibt, in den erwählten Kreis des "1. Startblocks" zu kommen: dort starten die 150 erstangemeldeten (gut 1 Jahr vor dem Rennen!) und 20 vom Veranstalter selbst ausgewählte Fahrer. Mein 11. Platz reicht dafür als Qualifikation nicht aus. Bei anderen Veranstaltungen wie Rund um den Henninger Turm und sogar dem Ötztaler Radmarathon gab es da keine Schwierigkeiten... Der Sieger kann eigentlich nur aus diesem Startblock kommen, denn die Spitzengruppe, die die ersten 10 Plätze oder so unter sich ausgemacht hat, bildet sich gleich nach dem Start und wird dann nach Aussage eines "Mitglieds", das ich bei der Siegerehrung traf, auch an den Baustellen komplett durchgewunken, so dass wohl kaum eine Chance war, an die noch ranzukommen.
Gut, werde ich es mal mit einer Schnellanmeldung für nächstes Jahr versuchen. Aber ob das klappt? Vielleicht geht da nach den Querelen auf rätselhafte Weise wieder was schief...?
Mal sehen!
Nichtsdestotrotz gehen wir bei der Siegerehrung um 17:00 Uhr allesamt leer aus – nur die ersten 3 jeder Kategorie werden von dem einem Marktschreier ähnelnden Sprecher auf die Bühne gebeten, da sind wir mit 11. (ich) und 10. Platz (Reni) weit von entfernt. An den Zeiten hat sich tatsächlich nichts mehr geändert und wird es auch später im Internet nicht, was zu vielfachem Unmut in diversen Foren führt; das Gästebuch auf der Dreiländergiro-Homepage wird "zufällig" abgeschaltet, als sich die Beschwerden häufen.
Es sieht ganz danach aus, dass die Transpondermessung beim Start entweder nicht funktioniert hat oder die Zeiten verloren gegangen sind; jeder hat als angebliche "Nettozeit" die Differenz zum allgemeinen Startschuss um 6:30 erhalten. Meine Nachfragen beim Veranstalter werden zuerst gar nicht und dann recht ausweichend beantwortet. Was mich dabei besonders ärgert, ist, dass es quasi keine Möglichkeit gibt, in den erwählten Kreis des "1. Startblocks" zu kommen: dort starten die 150 erstangemeldeten (gut 1 Jahr vor dem Rennen!) und 20 vom Veranstalter selbst ausgewählte Fahrer. Mein 11. Platz reicht dafür als Qualifikation nicht aus. Bei anderen Veranstaltungen wie Rund um den Henninger Turm und sogar dem Ötztaler Radmarathon gab es da keine Schwierigkeiten... Der Sieger kann eigentlich nur aus diesem Startblock kommen, denn die Spitzengruppe, die die ersten 10 Plätze oder so unter sich ausgemacht hat, bildet sich gleich nach dem Start und wird dann nach Aussage eines "Mitglieds", das ich bei der Siegerehrung traf, auch an den Baustellen komplett durchgewunken, so dass wohl kaum eine Chance war, an die noch ranzukommen.
Gut, werde ich es mal mit einer Schnellanmeldung für nächstes Jahr versuchen. Aber ob das klappt? Vielleicht geht da nach den Querelen auf rätselhafte Weise wieder was schief...?
Mal sehen!
Ergebnisse insgesamt
- Reni: 14. Platz gesamt in 7:05:19 von 114 gewerteten Frauen, 9. AK
- Cosmas: 19. Platz gesamt in 5:36:37 von 1786 gewerteten Männern, 11. AK; Abstand zum Sieger Traxl: 12:03 Minuten (brutto!)
Kleine Statistik: 164,4 km (168 laut Veranstalter), 3470 Höhenmeter, Schnitt 30,8.
Cosmas Lang